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Silvesterlauf-Gesichter (9): Holger Teusch

Es war das erste Handy überhaupt, das er besaß, daran kann sich Holger Teusch noch gut erinnern. Und er war Ende August 2000 im Urlaub hoch über dem Gardasee, auf der „Strada della Forra“, der spektakulären Bergstraße, die einem James-Bond-Film als Kulisse diente, unterwegs. „Da bekam ich damals einen Anruf vom Berthold Mertes“, erzählt Teusch. „Hast du Lust, beim Silvesterlauf mitzumachen?“ Der langjährige Orgaleiter Mike Venz war nach dem Milleniumlauf zurückgetreten, Silvesterlauf-Mitbegründer Mertes baute ein neues Team auf. Teusch sagte zu, mitzuhelfen. Ohne genau zu wissen, worauf er sich da einließ.

Worauf er sich einließ, merkte er schnell: Nächte nur mit stundenweise Schlaf, Weihnachtsgeschenke in allerletzter Minute besorgen und Telefonate zu jeder möglichen Tages- und Nachtzeit. 2001 klingelte am Abend vor Heiligabend wieder sein Telefon: „Berthold wieder: Das ZDF kommt!“ Eine Sensation für das Team; wegen der Starläuferin Sabrina „Mocki“ Mockenhaupt sollte der Lauf erstmals ins bundesweite Fernsehen kommen. Doch es gab ein Problem: Die Fernsehleute bestanden darauf, den Frauenlauf eine Stunde vorzuverlegen. Dies in Zeiten, als noch kaum jemand mit E-Mail kommunizierte und von den Teilnehmern bestenfalls die Post-Adressen vorhanden waren. Rund 200 Frauen und 100 Jugendliche mussten mit der guten alten gelben Post über ihre geänderte Startzeit informiert werden. „Ich habe einen Serienbrief erstellt und ausgedruckt. Statt Weihnachtsgeschenken habe ich zusammen mit meiner Frau und ihrem damals elfjährigen Bruder die Briefe in Umschläge gepackt.“

Kurz vor Schluss stand er mit Frau Dorothee und deren Bruder Dominik an Heiligabend mit mehr als Hundert Briefen am Postschalter im damaligen Wohnort Cochem. Briefmarken verkaufte man zwar noch, dann wurde jedoch Feierabend gemacht. „Und so saßen wir dann im Postvorraum und haben die Briefmarken alle schön draufgepappt. Und danach sind wir durch die tief verschneite Eifel zu Doros‘ Eltern zur Weihnachtsfeier gefahren.“ Wieder muss Teusch herzlich lachen, als er an diese Zeiten zurückdenkt. Obwohl die Zeit zwischen den Jahren knapp war, habe es geklappt: Fast alle Frauen seien pünktlich gewesen – ein paar Starterinnen habe man dann kurzfristig bei den Männern mitlaufen lassen.

Holger Teusch zählte 2002 auch zu den Gründungsmitgliedern des Silvesterlauf-Vereins und damit der Geburtsstunde des Flutlichtmeetings. Jeweils zehn Mal organisierte er Silvesterlauf und Flutlichtmeeting mit. Auch später brachte er sich ein, wenn Not am Mann war. „Mit dem Flutlichtmeeting sollte die Tradition der Läuferabende wieder aufleben. Teilweise hatten wir drei Läufe über 10.000 Meter bis kurz vor Mitternacht. Da kann ich nur all den Helfern und Rundenzählern danken.“

Seine Silvesterlauf-Erfahrungen bringt Teusch seit 2003 beim Adventslauf in Zell ein. „Das ist ein bisschen wie in Trier: kurze Runde, enge Straßen, kurzweiliger Zeitplan, unser sogenannter Raser- und Genießer- statt Asse- und Volkslauf. Aber natürlich alles kleiner.”

Bevor er selbst zum Orga-Team gehörte, lernte Teusch den Trierer Silvesterlauf als Teilnehmer kennen. Als Jugendlicher lief er bei der allerersten Auflage mit. „Ich sah damals an der Kofferecke Guido Streit vor mir, kam aber nicht mehr ran.“ Der spätere Deutsche Meister wurde Fünfter, Teusch Sechster. Vor Augen hat er noch seinen ersten Asselauf am 31. Dezember 1996, den kältesten Silvesterlauf der Geschichte: „Der Silvesterabend war schnell zu Ende, weil der Kreislauf so was von im Eimer war nach acht Kilometern bei minus zehn Grad.“ Der Mayener Torsten Naumann gewann überraschend. Als Eifeler kam der damalige deutsche 10.000-Meter-Meister besser klar mit den Gefrierschrank-Temperaturen als die höher gewetteten afrikanischen Spitzenathleten.

Als Läufer habe er immer „rausgekitzelt, was geht“. Die Messbarkeit der Leistungen hat den ehemaligen Fußball-Torhüter bei den Junioren des SV Wittlich fasziniert. „Das ist objektiv. Da gibt es keine Diskussionen.“ Jetzt, wo die Knochen nicht mehr so mitspielen wie früher, ist er mehr mit dem Rennrad unterwegs, erzählt Teusch: „Das kam früher in den Marathon-Vorbereitungen zu kurz, obwohl es mir schon immer viel Spaß gemacht hat.“

Am Freitag dieser Woche wird der 53-Jährige mal wieder als Reporter für den Trierischen Volksfreund aus dem Moselstadion über die inzwischen international hochkarätigen Laufwettbewerbe des 23. Volksbank Trier Eifel-Flutlichtmeeting berichten. Fachkundig wie stets. Fußend auf der Erfahrung einer “2:29er” Marathon-Bestzeit. Holger Teusch darf mit Fug und Recht stolz darauf sein, am Fundament des Spitzensport-Events mitgebaut zu haben.

Anmerkung: Das Porträt von Holger Teusch ist Teil der Serie „Gesichter des Silvesterlauf-Vereins“, die regelmäßig montags auf dieser Homepage fortgesetzt wird. Geschrieben wird sie von Michael Merten, die Porträt-Fotos stammen von Daniel Prediger. Das Auftaktporträt über Michael Merten stammt aus der Feder von Berthold Mertes.

Bisher erschienen sind:

Silvesterlauf-Gesichter: Michael Merten

Silvesterlauf-Gesichter (2): Claus Sporer

Silvesterlauf-Gesichter (3): Annette Ritter

Silvesterlauf-Gesichter (4): Simone Ries-Lentz

Silvesterlauf-Gesichter (5): Judith Knob

Silvesterlauf-Gesichter (6): Thomas Schröter

Silvesterlauf-Gesichter (7): Pia Bösen

Silvesterlauf-Gesichter (8): Hermann Barten

Es gibt nicht viele Fotos, auf denen Holger Teusch zu sehen ist. Weil er meist selbst fotografiert. Schade eigentlich, denn Holger kann äußerst herzhaft lachen.