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Silvesterlauf-Gesichter (6): Thomas Schröter

Es war eine Sensation: Der damalige Marathon-Weltrekordhalter und Ausnahmeläufer Haile Gebreselassie startete 2009 bei der 20. Auflage des Trierer Silvesterlaufs. Zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer säumten die Strecke, die mediale Aufregung war groß. „Der große Haile im kleinen Trier, ein Weltstar in der Provinz“, schrieb damals die Süddeutsche Zeitung. Auch Thomas Schröter hat gute Erinnerungen an den Tag: „Er war ja der Star und sollte den Streckenrekord brechen.“ Doch es kam anders.

Seit 2002 ist Thomas Schröter jedes Jahr – mit Ausnahme der Corona-Ausfälle – das Führungsfahrzeug beim Silvesterlauf gefahren. In dieser Funktion muss er nicht nur die Strecke, sondern auch die Führenden des jeweiligen Laufs permanent im Blick haben. Auch beim Tempo der internationalen Topathleten, also bei mitunter bis zu 30 km/h. „Ich habe immer den Abstand eingehalten und geschaut, wo Haile ist. Natürlich vorne“, erinnert sich Schröter noch gut an 2009.

Weil sich das Teilnehmerfeld auf dem Rundkurs irgendwann streckt, ist es Usus, dass das Führungsfahrzeug nur in der ersten Runde mitfährt. Deshalb muss Schröter an deren Ende nach rechts abbiegen und das Auto an der Seite abstellen. Das läuft in der Regel ganz reibungslos ab. Doch ausgerechnet, als der Starläufer auf der Strecke ist, kommt es zu einem Missverständnis. „Ich musste einen Schlenker nach rechts machen, damit die Läufer genug Platz haben auf dem Weg in die zweite Runde“, berichtet Schröter. „Aber Haile hat auch diesen Schlenker gemacht und hat sich dann gewundert, dass ich angehalten habe. Er stand auf einmal hinter dem Auto, musste einen Ausfallschritt machen und von Neuem loslaufen. Wohl deshalb hat er den Streckenrekord um eineinhalb Sekunden verpasst.“

Man merkt dem 47-Jährigen an, dass ihn diese fast 15 Jahre zurückliegenden Sekunden noch immer fesseln. „Von-bis habe ich alles gehabt“, bilanziert er. Mittlerweile sei es aber für ihn Routine, das Führungsfahrzeug zu lenken. Man müsse stets zu 100 Prozent bei der Sache sein. Zumal er bei den Eliteläufern schon mal auf 30 Stundenkilometer auf der Geraden komme; „das ist schon relativ flott“, meint Schröter. „Je nachdem, wie die Straße ist – trocken oder nass, rutschig, gefroren – muss ich vor allem in den Kurven etwas langsamer machen.“ 

Die Sicherheit habe absoluten Vorrang, betont Schröter. Vor dem Start gehe er jedes Mal  die Strecke zu Fuß ab, um sich zu vergewissern, dass alles frei und korrekt abgesperrt ist. „Schließlich geht mit der Aufgabe eine große Verantwortung einher.“ Früher fuhr er allein, mittlerweile hat sich das geändert, denn einige Fotografen setzen sich gern in seinen Kofferraum, um spektakulärere Fotos zu schießen. Die ökologische Ausrichtung werde immer wichtiger. „Ich bin mal ein Gasfahrzeug gefahren, mittlerweile habe ich ein E-Auto, das man gar nicht hört und das sauber ist.“

Schröter, der bei einer Bank in Luxemburg arbeitet, läuft selbst nicht, spielt aber gern Tennis, wandert und geht regelmäßig ins Fitnessstudio. Sein heute zwölfjähriger Sohn ist schon ein paarmal beim Silvesterlauf an den Start gegangen. Manchmal fährt der Filius jedoch lieber bei Papa im Führungsfahrzeug mit.

Anmerkung: Das Porträt von Thomas Schröter ist Teil der Serie „Gesichter des Silvesterlauf-Vereins“, die regelmäßig montags auf dieser Homepage fortgesetzt wird. Geschrieben wird sie von Michael Merten, die Porträt-Fotos stammen von Daniel Prediger. Bisher erschienen sind:

Silvesterlauf-Gesichter: Michael Merten

Silvesterlauf-Gesichter (2): Claus Sporer

Silvesterlauf-Gesichter (3): Annette Ritter

Silvesterlauf-Gesichter (4): Simone Ries-Lentz

Silvesterlauf-Gesichter (5): Judith Knob

Archivbild
Archivbild von 2009: Haile Gebrselassie als König von Trier. Foto: Tittel