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Vor gut 11 Jahren …

Von links: Wolf-Dieter Poschmann, Klaus Jensen, Steffi Nerius, Olaf Dorow, Haile Gebrselassie, Berthold Mertes, Christoph Güntzer.




… wurde der 20. Bitburger-Silvesterlauf in Trier zum rauschenden Fest. Die Jubiläumsfeier in den Viehmarkt-Thermen geriet zu einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges. Auf der Bühne scherzten Lauf-König Haile Gebrselassie, Moderator Wolf-Dieter Poschmann sowie die Trierer Silvesterlauf-Gründer Christoph Güntzer und Berthold Mertes mit Premierengewinner Olaf Dorow. Der inzwischen 46-Jährige Dorow hatte von Zuhause aus Bremen den Siegerpokal von 1990 mitgebracht und berichtete, wie dieser damals, fast randvoll mit Sekt gefüllt, die Runde bei der ekstatischen Party gemacht habe. Und davon, dass das gute Stück bereits einen Hausbrand überlebt habe.

Die prominenten Gäste- und Ergebnislisten des damaligen Jubiläums sagen mehr als 1.000 Worte: Äthiopiens Ausnahme-Leichtathlet Gebrselassie, der als zu jener Zeit größter afrikanischer Sportstar wenige Wochen zuvor die Gruppenauslosung für die Fußball-WM 2010 in Südafrika vorgenommen hatte, eroberte auf sympathischste Weise die Herzen der Trierer im Sturm. Neben ihm gaben der Römerstadt zum Jubiläum unter anderem die Ehre: Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius als Deutschlands Sportlerin des Jahres 2009, die weltbeste Marathonläuferin Irina Mikitenko, Silvesterlauf-Botschafterin Sabrina Mockenhaupt, Olympiasieger Dieter Baumann mit seiner Comedyvorstellung, und und und …

Rund 2.000 Teilnehmer und 20.000 Zuschauer erlebten ein gigantisches Volksfest, ganz großen Sport und eine höchst erfolgreiche Image-Kampagne für die älteste Stadt Deutschlands. „Das Jubiläum war die Krönung in der Erfolgsgeschichte dieses Laufes“, äußerte der damalige Schirmherr und Oberbürgermeister Klaus Jensen begeistert: „Das Medienecho hat Ausmaße angenommen, die der Stadt Trier die Möglichkeit geben, sich als gastfreundliche Stadt weltweit zu präsentieren.“ Wie nahezu alle Gäste des Festes in den Viehmarkt-Thermen sicherten sich Jensen und seine Frau, die spätere rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, gemeinsam mit Multi-Weltrekordler Gebrselassie ein Erinnerungsfoto – wie allen anderen stand ihnen dabei ein glückseliges Lächeln ins Gesicht geschrieben.

Wer Anfang Januar die Suchbegriffe „Trier“ und „Gebrselassie“ in die Internet-Suchmaschine Google tippte, erhielt 46.300 Treffer. Unter anderem berichteten selbst in China (Xinua) und Australien (AAP) die großen Nachrichtenagenturen. Fast in allen Berichterstattungen fand das „deutsche Sao Paulo“ Erwähnung vor dem einst weit entfernten Vorbild des seit 1925 ausgetragenen weltweit ersten Silvesterlaufs in Brasilien.

Haile Gebrselassie regierte Trier. Gezeichnet vom Lauf, weniger von der Anstrengung als von Dutzenden Konfetti-Schnipseln, die in seinem Gesicht klebten, setzte der französische Lauf-Clown Michel Descombes dem Herrscher der langen Laufdistanzen eine Krone auf. Es war das Bild des Tages, bundesweit in den ersten Zeitungen des Jahres zu sehen und weltweit via Internet verbreitet: Haile als König von Trier. Am Tag vor dem Rennen hatte er als Gladiator vor der Porta Nigra posiert.

Der tosende Applaus der vielen Tausend Zuschauer auf dem Hauptmarkt bei der Siegerehrung zeigte, dass die Fans es dem Äthiopier nicht übel nahmen, dass er „nur“ gewonnen hatte. „Ich nehme die Schuld auf mich, denn ich hatte mich verrechnet“, erklärte der 27-malige Weltrekordler: „Ich dachte eingangs der letzten Runde, es reicht für den Streckenrekord. Aber ich hatte die verlängerte Zielgerade vergessen. Das darf nicht passieren.“

Kein Wort davon, dass er in der ersten Runde etwa zwei Sekunden liegen ließ, weil er einen Schlenker hinter dem abbiegenden Führungsfahrzeug machte. Olympiateilnehmer Arne Gabius, nach einer Runde noch an Haile dran und am Ende als Vierter bester Deutscher, beorderte den Superstar mit Gesten und Rufen auf die Ideallinie zurück.

Auch der Regen, der ausgerechnet wenige Minuten vor dem Startschuss einsetzte und die Strecke rutschig machte, diente Haile nicht als Ausflucht. Ebenso wenig die Konfetti-Wolken, durch die er sich bei seinem Solo-Lauf gegen die Uhr kämpfen musste. Die Stoppuhren im Ziel zeigten 22:22,5 Minuten, nur 1,5 Sekunden über dem weiterhin gültigen Streckenrekord des Kenianers Isaac Kariuki aus dem Jahr 1997. Nach Straßenlaufregeln aufgerundet stehen 22:23 Minuten für den bis dato größten Langstreckenläufer der Geschichte in den Trierer Annalen.