Trier hat drei Asse in Paris
Die letzten Meter. Oft entscheiden sie über Finaleinzug, Sieg, Medaille, Rekord. Die letzten Meter einer Vorbereitung auf Olympische Spiele sind mitentscheidend. Gesund und fit in Paris an den Start zu gehen: Das bewegt Gesa Krause, Olivia Gürth und Samuel Fitwi dieser Tage. Als Erste der drei Topathleten des Vereins Silvesterlauf Trier wird Olivia am 1. August in Paris eintreffen, einen Tag später folgt Gesa. Erst am 7. August schwebt Samuel ein. Am Sonntag (4.8.) stehen die beiden Hindernisläuferinnen an der Startlinie zum Vorlauf, um sich für das Finale am Dienstag (6.8., 21.20 Uhr) zu qualifizieren. Für unser Marathon-Ass wird es am vorletzten Tag der Spiele (10.8., 8 Uhr) ernst.
Alle Wege führen nach Paris. Das ist bei der Anreise die einzige Gemeinsamkeit der Trierer Laufprofis auf den sprichwörtlich letzten Metern der Vorbereitung. Gesa Krause entschied sich Anfang Juli kurzfristig, die Schlussetappe auf der langen Reise zu ihrer vierten Olympiateilnahme im südafrikanischen Potchefstrom zurückzulegen. Die Blaupause: Das abschließende Trainingslager vor der Leichtathletik-WM 2019 in Doha. Dort lief Gesa über die 3000 Meter Hindernis deutschen Rekord (9:03,30 Minuten), holte zum zweiten Mal auf Weltebene Bronze nach Peking 2015.
Gesas großer Traum
Der Traum vom olympischen Edelmetall. Er ist die Triebfeder für die zweimalige Europameisterin, all die Jahre. Auch jetzt, obwohl es bei den Spielen in Paris schwieriger werden wird denn je. Der Einzug in ihr viertes Olympiafinale wäre ein großer Erfolg. Die Konkurrenz ist schneller denn je. Favoritinnen sind andere, etwa Kenias Weltrekordlerin Beatrice Chepkoech oder Winfred Yavi. Die amtierende Weltmeisterin stammt ebenfalls aus Kenia, startet aber für Bahrain.
Gesa sagt dieser Tage: „Ich habe so lange darauf hingearbeitet, dass die Freude auf das Event jetzt riesig ist. Auch wenn ich natürlich nicht wissen kann wie es ausgeht.“ Zuletzt hat sie Zeit gefunden, „mich zu erholen, mich mental zu sammeln und Kraft zu tanken für die große Aufgabe“. Dass sie einen Tag nach ihrem 32. Geburtstag an der Startlinie zum Vorlauf steht, ist höchst außergewöhnlich. Das Comeback, an dem Gesa nach der Geburt von Tochter Lola im April 2023 so akribisch gearbeitet hat, ist ihr bestens gelungen. EM-Silber in Rom (Foto), wo sie Anfang Juni fast zum dritten Mal Europameisterin geworden wäre, legte davon Zeugnis ab.
Olivias große Aufgabe
Gänzlich anders als für Deutschlands schnellste Mama sind die Voraussetzungen für die zehn Jahre jüngere Olivia Gürth. Sie steht erst am Anfang ihrer Karriere und vor ihrer ersten ganz großen Aufgabe. Die U23-Europameisterin von 2023, als sie auch das Hindernisrennen beim Trierer Flutlichtmeeting gewann (Foto), übt seit knapp zwei Jahren mit der Trainingsgruppe von Wolfgang Heinig. Zur neuen Saison ist Olivia zum Verein Silvesterlauf Trier gewechselt, der mit seiner Unterstützung den Verbleib des aus Diez stammenden Talents im Leichtathletik-Verband Rheinland (LVR) ermöglichte.
In der Vorbereitung auf Paris 2024 pushten sich Olivia und Gesa monatelang gegenseitig im Training, nur in den letzten Wochen vor den Spielen gingen beide unterschiedliche Wege. Trainer Heinig betreute die 22-jährige Olivia vor Ort im italienischen Livigno. Mit Gesa, die im Kreis ihrer kleinen Familie das Camp in „Potch“ bezog, telefonierte der Coach täglich. Heinig zeigt sich „optimistisch“ in puncto Finalteilnahme beider Athletinnen, auch wenn er angesichts des weltweit gestiegenen Niveaus im Hindernislauf der Frauen damit rechnet, „dass Zeiten zwischen 9:10 und 9:15 Minuten gelaufen werden müssen, um das Finale zu erreichen“. Seine Zuversicht gründet darauf, dass Gesa und Olivia zuletzt planmäßig trainiert haben und „sehr gute Programme“ gelaufen sind. Hohes Tempo, maximale Belastung.
„Ich freue mich, dass es endlich losgeht“, äußerte Olivia vor ihrer abschließenden Trainingseinheit auf deutschem Boden eine gewisse Ungeduld, resultierend aus Aufregung und der Vorfreude, „bei meinen ersten Olympischen Spielen starten zu dürfen“. Tempoläufe auf der Bahn in Frankfurt-Niederrad im Beisein von Trainer Heinig standen am Dienstag auf Olivias Programm. Am Donnerstag geht es für sie in die französische Metropole. Gesa bezieht ihr Zimmer im Athletendorf einen Tag später – direkt aus der Höhenlage Südafrikas kommend.
Samuels große Vorfreude
Für Samuel Fitwi sind es dann noch ein paar Tage. „Ich freue mich so sehr darauf, in Paris als Teil des deutschen Teams anzutreten“, sagt der 28-Jährige, der mit seiner Zeit von 2:06:27 Stunden Anfang Januar in Dubai zum zweitschnellsten deutschen Marathonläufer der Geschichte wurde und das Olympiaticket löste. Samuel kann völlig unbeschwert an die Sache rangehen. Dabeisein ist für ihn bestimmt nicht alles, aber im Grunde schon eine ganze Menge.
Dieser Tage trainiert Samu noch in Äthiopien, wo er monatelang mit afrikanischen Spitzenathleten Kilometer gesammelt, Tempo gebolzt und so an seiner Form gefeilt hat. Samu wirkt gelöst, seine Trainingswerte sind vielversprechend. Ein Beispiel: Mal so eben 40 Kilometer in 2:15 Stunden auf über 2.000 Meter Höhe. Wie zuletzt Wolfgang Heinig mit Gesa Krause, so tauschte sich Silvesterlauf-Trainer Yannik Duppich über Monate per Telefon und Video-Call mit seinem Schützling aus.
„Samuels Vorbereitung lief seit seinem fünften Platz im EM-Halbmarathon optimal. Deshalb darf er optimistisch ins Rennen gehen“, sagt Duppich. Prognosen sind schwierig für Fitwis Olympiadebüt. „Ein Platz in den Top 20, also im ersten Viertel des Teilnehmerfeldes, das wäre ein Erfolg“, meint der 33-jährige Coach, der den 2015 aus Eritrea als Flüchtling über die Mittelmeer-Route nach Deutschland gekommenen Maler-Lehrling fürs Laufen begeisterte und den Weg des Ausnahmetalents zum Spitzenathleten begleitet hat.
Der Marathon in Paris ist nicht mit den populären Cityrennen über die klassische 42,195-km-Distanz vergleichbar. Als „Rennen, das Geschichte und Sehenswürdigkeiten vereint“, wird es von den Olympiamachern angepriesen. Das Fernsehpublikum freut’s, die Athleten aber werden kaum Augen für Sightseeing haben. Und vor allem mit je zwei heftigen Anstiegen und Gefällstrecken zu kämpfen haben. An der 30-km-Marke scheiden sich beim Marathon ohnehin die Geister, beim Pariser Olympia-Marathon erst recht. Kurz vorher eine 500 Meter lange 10-prozentige Steigung, und wenig später (von 30,1 km bis 32,2 km) geht es ordentlich bergab (125 Höhenmeter). „Das Runterlaufen ist die größte Herausforderung“, sagt Yannik. Mal sehen, was Samu aus dieser Marathon-Wundertüte herauszaubert.
Fest steht: Trier und der Silvesterlauf-Verein können schon jetzt stolz auf ihre sportlichen Aushängeschilder sein. Der Olympia-Zeitplan:
Sonntag, 4. August, 10.05 Uhr: Vorläufe 3000 m Hindernis mit Gesa Krause und Olivia Gürth.
Dienstag, 6. August, 21.10 Uhr: Finale 3000 m Hindernis (hoffentlich mit Gesa und Olivia)
Samstag, 10. August, 8.00 Uhr: Marathon mit Samuel Fitwi
Alle drei starten am 6.9. im Moselstadion
Beim 23. Volksbank Trier Eifel-Flutlichtmeeting am Freitag, 6. September, ab 19.30 Uhr, werden alle drei Olympiateilnehmer des Vereins Silvesterlauf Trier am Start erwartet – nebst internationalen Topathleten aus zehn Nationen.
Ticketpreise an der Tageskasse:
6 € für Erwachsene / 3 € für Jugendliche ab 14 Jahre / Kinder frei.
Autogrammkarten der Olympia-Sonderedition (s.u.): Sie werden von den drei Protagonisten am 6. September im Moselstadion signiert.