COUNTDOWN
000D 00H 00M 00S

Emmis Weg in die Weltklasse

EMMI hat all die positiven Emotionen, die sie beim 34. Bitburger 0,0%-Silvesterlauf in Trier erlebt hat, ins neue Jahr und in ihre Heimat Ruanda mitgenommen. 2024 kann nur gut werden für Emeline „Emmi“ Imanizabayo. Da ist sich die 28-Jährige sicher. Genauso wie ihr Coach, der ruandische Nationaltrainer John Peter Ndacyayisenga. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris ist das große Ziel. Mit EMMI auf ihrer Startnummer stürmte sie im Sparkasse Trier-Elitelauf der Frauen als Zweitplatzierte ins Ziel – ganze 20 bis 30 Zentimeter hinter Siegerin Lisa Rooms aus Belgien. Fast ein Fotofinish. Das Publikum auf dem Hauptmarkt tobte vor Begeisterung.

Es wäre eine große Überraschung gewesen und hätte die zahlreichen guten Ergebnisse ruandischer Spitzenläufer gekrönt, die seit 2016 bei allen Trierer Silvesterläufen vertreten waren. „Sie war so dicht dran“, sagte Ndacyayisenga danach noch etwas ungläubig mit leichtem Kopfschütteln. Er hatte den Beinahe-Coup der Außenseiterin tags zuvor im Athletenhotel IBIS Styles vorhergesagt: „Sie wird um den Sieg mitlaufen.“ Die Konzentration lenkt der Trainer dieser Tage auf die ostafrikanischen Meisterschaften, die vom 1. bis 10. Februar in Ruandas Hauptstadt Kigali ausgetragen werden. 

Nicht schwer fällt die Prognose, dass ihre persönliche 5000-Meter-Bestzeit von 15:37,87 Minuten im Stadion, die sie 2022 im Finale der Commonwealth Games in Birmingham lief, bald der Vergangenheit angehört: In Trier wurde sie über die exakt vermessene 5-km-Straßendistanz schon (zeitgleich mit Siegerin Lisa Rooms) in 15:29 Minuten gestoppt.

John Peter ist Emmis Mentor, lenkt ihre Geschicke seit Jahren – und hat erheblichen Anteil an ihrem bemerkenswerten Weg in die Weltklasse des Laufsports. Das Schicksal meinte es nicht gut mit der immer noch etwas scheuen, aber äußerst herzlichen Athletin. Ihre Eltern hat sie nicht kennengelernt. Sie starben, als Emeline drei Monate alt war. Als Einzelkind wuchs sie bei ihren Großeltern im Burera District im Norden des Landes auf. In Emmis Pass steht der 1. Januar 1996 als Geburtsdatum. Das wahre ist nicht bekannt. Ihre Großeltern wussten nicht genau, wann ihre Enkelin das Licht der Welt erblickt hat. 

Bis 2021 spielte sie Fußball. Dann entdeckte John Peter bei einer Sichtung ihr läuferisches Potenzial. Und ihren Ehrgeiz. Noch im selben Jahr wurde sie Vierte der nationalen Crosslaufmeisterschaften. „Seitdem kümmere ich mich intensiver um sie“, erzählt der Nationaltrainer. Auf John Peters Empfehlung schloss sie sich dem Trainer Anicet Kanyabugoyi des Clubs Sina Gerard Enterprise an, der von einem ruandischen Getränkehersteller unterstützt wird. Der Nationalcoach hat weiterhin ein besonderes Auge auf seine Musterschülerin. 

Bei ihrem ersten Rennen auf europäischem Boden, dem Trierer Silvesterlauf 2022, ließ EMMI als Fünfte ihr großes Potenzial aufblitzen. International ist sie mit ihrem zweiten Platz vom 31. Dezember 2023 angekommen. Jetzt möchte Emmi sich auf den Weg machen, ihre Kommunikationsfähigkeiten zu erweitern. Bislang beherrscht sie nur Kinyarwanda, ihre Landessprache. „Wir suchen eine Möglichkeit für sie, Englisch zu lernen“, sagt John Peter. Die sportliche Richtung ist klar: „Unser Ziel ist nun die Qualifikation für Paris.“ Was der Mentor ihr ohne Weiteres zutraut: „Sie ist hochmotiviert, kann sich gut konzentrieren, hat viel Selbstvertrauen und ist grundsätzlich optimistisch. Das sind hervorragende Voraussetzungen.“ Der Sprung auf die ganz große Bühne ist ihr von Herzen zu wünschen. Den Anlauf hat sie auf dem Hauptmarkt in Trier genommen.

Kooperation mit Ruanda seit 2016

Der Verein Silvesterlauf Trier kooperiert seit 2016 mit dem ruandischen Leichtathletik-Verband. Seither haben an jedem Silvesterlauf in Trier Spitzenathleten aus Ruanda teilgenommen. Zudem findet, initiiert von Hans Tilly, dem Vorstandssprecher des Silvesterlaufvereins, ein Jugendaustausch statt. 2018 waren Jugendliche aus Ruanda in Trier und 2022 Trierer Jugendliche in Ruanda. 2024 wird wieder Nachwuchs aus Ruanda zu Besuch in Trier erwartet. Noch sucht der Verein Silvesterlauf Trier dafür Gastfamilien. Interessierte Familien – bestenfalls mit Kindern im Alter von 15 bis 18 Jahren – können sich unter kontakt@silvesterlauf.de melden.

Nationaltrainer John Peter Ndacyayisenga ist der Mentor von Emeline Imanizabayo. Deutschland ist so etwas wie John Peters zweite Heimat. Er hat in Leipzig Sport studiert.