Rising Star in Trier: Sophie O’Sullivan
Wer zieht schon das Trierer Moselstadion der König-Baudouin-Arena in der europäischen Metropole Brüssel vor und somit einen Auftritt vor einigen hundert Zuschauern der Champions League der Leichtathleten vor 40.000 Fans? Sophie O’Sullivan tut es. Die irische U23-Europameisterin über 1500 Meter hat sich für das vom Verein Silvesterlauf Trier organisierte 22. Volksbank Trier-Flutlichtmeeting entschieden. Sie läuft am Freitag, 8. September, nicht beim Brüsseler Diamond League-Meeting, sondern die 2000 Meter im Moselstadion. Dessen dunkelrote Rasenumrundung genießt in der Fachwelt den Ruf einer Rekordbahn, nachdem dort zwei Jahre in Folge Bestmarken wie reife Früchte fielen.
Die Highlights in den Jahren 2021 und 2022: Deutsche 2000-Meter-Bestleistung durch die Leverkusenerin Konstanze Klosterhalfen (5:34,53 Minuten) sowie jeweils Jahresweltbestmarken über 2000 Meter Hindernis durch Gesa Krause vom gastgebenden Silvesterlauf-Verein und Jolanda Kallabis, deren Zeit von 6:07,72 Minuten sogar als U18-Weltrekord gewertet wurde.
Dem Motto „Talent trifft Weltklasse“ räumen die Organisatoren um Meetingdirektor Berthold Mertes weiterhin Priorität ein, doch diesmal in etwas anderer Couleur. Da die deutschen Asse Klosterhalfen sowie Kallabis verletzungsbedingt fehlen und Krause jüngst Mutter geworden ist, gewinnt die internationale Komponente an Gewicht. Und wie! Siehe Sophie O’Sullivan. Die Tochter der mehrfachen Welt- und Europameisterin Sonia O’Sullivan und des renommierten australischen Athletenmanagers Nic Bideau gilt als eines der weltweit größten Talente auf der Mittelstrecke. Beim Volksbank Trier-Flutlichtmeeting will sie die etablierte Maureen Koster herausfordern. Die zehnmalige niederländische Meisterin peilt in Trier eine Verbesserung des nationalen 2000-Meter-Rekords an.
Maureen Koster erreichte in Budapest über 5000 Meter als eine von nur vier Europäerinnen das WM-Finale. Die Endlaufteilnahme blieb der 21-jährigen Sophie O’Sullivan diesmal noch versagt. Sie erzielte im 1500-Meter-Vorlauf zwar eine hochkarätige persönliche Bestzeit (4:02,15 Minuten) und damit die achtbeste Zeit aller 55 Teilnehmerinnen (Screenshot Virgin Media Sport nach dem Rennen). Für die Halbfinal-Qualifikation reichte dies aber nicht, weil nach den neuen Regularien nur die jeweils sechs Erstplatzierten der vier Vorläufe weiterkamen. O’Sullivan nutzte es nichts, schneller als alle Siegerinnen der drei anderen Erstrundenrennen gewesen zu sein.
Die gute Laune verdarb das der lebensfrohen Sophie O’Sullivan nicht. „Klar ist das schade, aber ich habe mich um fünf Sekunden verbessert und alles gegeben“, sagte sie im Interview kurz nach ihrem Ausscheiden und kündigte mit Blick auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris an: „Nächstes Jahr möchte ich den nächsten Schritt tun.“ Angesprochen auf ihre prominente Mama, eine veritable Sport-Ikone Irlands, meinte Sophie: „Sie will, dass ich Spaß habe und glücklich bin mit dem was ich tue. Und wenn ich laufe, bin ich glücklich.“
Die 2000 Meter sind für Mutter und Tochter übrigens eine besondere Distanz. Bereits seit 1994 hält Sonia O’Sullivan, 1995 Weltmeisterin über 5000 Meter und Olympiazweite 2000, die europäische Bestmarke über fünf Stadionrunden in 5:25,36 Minuten. Diese Marke ist aktuell sicherlich noch zu hoch gegriffen für den „rising star“, aber dem Trierer Meeting- und Stadionrekord Konstanze Klosterhalfens von 2021 (5:34,53) könnte Sophie nahekommen. Letzten Donnerstag ist das Ausnahmetalent mit dem irischen Pass und dem australischen Akzent auf der Margareteninsel in Budapest gejoggt. Mehrere Runden, am Ende 14,8 Kilometer in einer Stunde und einer Minute. Inzwischen etwa 400 Kilometer ist sie gelaufen im gesamten August – all das nachzulesen auf der Ausdauersport-Plattform Strava, einer beliebten App für Läufer und Radfahrer. Eine Menge für die 2000 Meter; mit dem schnellen WM-Rennen und dem mentalen Nachholbedarf aufgrund des frühen Ausscheidens mithin eine Top-Vorbereitung für Trier.
Sophies Vater Nic, der einst Australiens Nationalheldin und erste Aborigne-Olympiasiegerin Cathy Freeman (2000 in Sydney) managte, ist auch nicht ganz unschuldig daran, dass die Reise der Familie in der nächsten Woche nach Trier statt nach Belgien geht: „In Brüssel war ich schon so oft, aber in Trier noch nie“, ließ er wissen. Zudem dürfte Mutter Sonia, die Konstanze Klosterhalfen 2021 im Moselstadion zum deutschen Rekord coachte, mit einer gewissen Begeisterung von den Attraktionen der ältesten Stadt Deutschlands erzählt haben, die sie damals besichtigte.