Jolis Lieblingsrennen: Trier
Sie ist das derzeit wohl größte Lauftalent Deutschlands: Jolanda Kallabis. Die 17-Jährige wurde am vergangenen Freitag bei der Läufer-Gala im Trierer Römersaal als Nachwuchsläuferin des Jahres 2022 ausgezeichnet. Ihr Lieblingsrennen sei, das verriet sie Moderator Berthold Mertes, eindeutig das beim SWT-Flutlichtmeeting im Trierer Moselstadion, wo die U18-Europameisterin Anfang September über 2000 Meter Hindernis in 6:07,72 Minuten zum U18-Weltrekord rannte.
Die junge Athletin wird von ihrer Mutter Nina Rosenplänter (links im Bild) trainiert. “Joli” sagt die Sportwissenschaftlerin, wenn sie über ihre Tochter spricht. Rosenplänter erklärte in Trier, warum das außergewöhnliche Lauftalent im kommenden Jahr vor allem über 800 und 1.500 Meter an den Start gehen werde und kündigte an: “Wir wollen da richtig zuschlagen im nächsten Jahr.” Das Gespräch im Wortlaut:
Berthold Mertes: Jolanda, Du hast eine irre Entwicklung gemacht, bist eine irre Zeit über die Hindernisstrecke gelaufen. Wo führt das hin? Zunächst mal auf kürzere Strecken, habe ich gehört.
Jolanda Kallabis: Bis jetzt habe ich mich auf den Mittelstrecken aufgehalten. Die 2000 Meter Hindernis ist auch eher noch eine Mittelstrecke, würde ich sagen. Die 3000 Meter, die in der “U20” gelaufen werden, finde ich für mich noch ein bisschen zu lang. Deshalb werde ich mich zunächst mehr auf die 800 um 1500 Meter zurückziehen. Ich schließe aber nicht aus, irgendwann auf die 3000 Meter Hindernis zu gehen. Aber die nächsten zwei Jahre erstmal nicht.
Mertes: Fragen wir doch die Mutter und Trainerin …
Nina Rosenplänter: Wir sind jetzt gerade drei Jahre aus der Schülerklasse raus. Vor kurzem haben wir noch bei Block-Mehrkampfmeisterschaften mitgemacht. Wir wollen das noch ein bisschen weiter so machen, also die Vielseitigkeit noch ein bisschen proben, auch wenn Joli eine geborene Hindernisläuferin ist: Allein mit der Beinlänge kommt man ganz gut über die Balken. Wir sind aber noch nicht so weit und wollen uns gerne Zeit lassen. Ich taste mich als Trainerin auch erst mal ran, jemanden zu trainieren, der mit so viel Talent gesegnet ist. Ich würde es übrigens nicht ein Zurückziehen auf die Mittelstrecken nennen. Wir wollen da richtig zuschlagen im nächsten Jahr.
Mertes: Jolanda, was war dein bisher schönster, emotionalster Wettkampf?
Kallabis: Der war definitiv diese Saison, weil ich das erste Mal richtig was gerissen habe. Jerusalem (Red.: Dort gewann sie U18-EM-Gold) war ein tolles Rennen. Ich war mir schon relativ siegessicher, aber dass es so deutlich wird, hätte ich nicht gedacht. Trier war noch mal was anderes, weil ich mit diesem Rekord und der krassen Leistung gar nicht gerechnet hatte. Das kann ich immer noch nicht richtig fassen… Dass ich so schnell gerannt bin. Wir wissen selber gar nicht, wie das sein kann, dass ich so schnell gerannt bin. Mein Kopf hat einfach voll funktioniert in diesem Rennen. Ich glaube, ich bin eher mit meinem Kopf gerannt als mit meinen Beinen und habe zu keiner Zeit des Rennens gedacht: boah, das ist voll anstrengend. Es war einfach nur richtig geil, und deshalb ist es auch mein Lieblingsrennen.
Mertes: Welche Rolle spielt die Stärke der deutschen Hindernisläuferinnen in den vergangenen Jahren? Sind zum Beispiel die Erfolge von Gesa Krause Antrieb für dich gewesen, Spaß an der Disziplin zu finden? Hast du Vorbilder?
Kallabis: Natürlich ist es schön, die Aktiven erfolgreich zu sehen und das Ziel zu haben, zu denen aufzuschließen. Mein erstes Hindernisrennen bin ich in Spanien gerannt und habe dabei gleich meinen ersten Titel gewonnen: Andalusische Schülermeisterin über 1000 Meter Hindernis. Das hat mir echt Spaß gemacht und irgendwie bin ich dann dran geblieben. Erst bei den 1500, dann bei den 2000. Und weil ich auch viel Hürdenlauf gemacht habe, war das dann die perfekte Mischung: ein bisschen länger, mit Balken, und mit Wassergraben – das ist auch cool.