Es tut weh, dass du gehst, Poschi
Ein Nachruf von Berthold Mertes
Nun bist du also gegangen, lieber Poschi. Hast gehen müssen. Unverhofft für uns alle. Viel zu früh. Deine Lebenslust, deine Energie und deine Phantasie hätten noch für ein paar weitere Jahrzehnte gereicht. Wolf-Dieter Poschmann, unser Poschi, Ehrenmitglied des Vereins Silvesterlauf Trier, die Stimme des Silvesterlaufs. Wir werden sie nicht mehr live hören.
Deine Ehefrau Elfi nannte dich Wolf, meist liebevoll – aber auch schon mal mahnend, wenn Temperament und zügelloser Spaß mit dir durchzugehen drohten. Du warst ein Unterhaltungskünstler, der Schalk saß dir im Nacken. Schon immer. Trainingskollegen aus deiner Aktivenzeit in den 1970er und 1980er Jahren erinnern lebhaft Trainingslager. Wenn Ihr Fußball geschaut habt, drehtest du schon mal den Ton des Fernsehers ab und sprachst den Kommentar mit dem dir eigenen, unverwechselbaren Humor – sehr zum Vergnügen der anderen Sportler. Vorbote deiner großen Zukunft.
Am Horizont zeichnete sich deine Reporterkarriere demnach schon zu jener Zeit ab, als du in deiner Heimatstadt Köln noch als Türsteher einer Diskothek, als Taxifahrer und Betreiber eines Weinlokals (in Köln!) neben dem Germanistik-Studium und dem Leistungssport das nötige Kleingeld für die Freuden des Lebens verdient hast. Denn denen warst du aufgeschlossen. Dennoch kein Lebemensch, nein, das träfe es nicht, aber voller Lebenslust. Ein Genießer. Gleichzeitig diszipliniert und ein Kämpfer. Nur so geht Langstreckenlauf – es ist etwas für die Arbeiter im Sport. Du warst erfolgreich, immerhin deutscher Vizemeister im Marathon. Und Teilnehmer am legendären “Sao Silvestre” in Brasilien. Auch das ein Zeichen. Wenn du in späteren Jahren das “deutsche Sao Paulo” in Trier erwähntest, wusstest du besser als jeder andere, worüber du sprichst.
Als Mensch warst du nahbar, nie abgehoben, und als Sportjournalist nie stromlinienförmig. Keiner, der an der Oberfläche kratzte. Du bist den Sachen auf den Grund gegangen, hast hart nachgefragt – vor allem in den Live-Interviews auf deiner größten Spielwiese, dem Aktuellen Sportstudio (230 Mal zwischen 1994 und 2011). Zum Beispiel bei Dieter Baumann nach dessen Zahnpasta-Affäre. Kritisch warst du. Erst recht in deiner Sportart, der Leichtathletik. Als Spitzenläufer hattest du genug gesehen und erfahren. Dabei bist du jederzeit fair und respektvoll mit Sportlern umgegangen. Dein Ansehen in der Szene ist riesig. Deine frühere Kollegin Kristin Otto hat dich an diesem Montag im heute journal äußerst treffend als “Meister seines Fachs, immer mit lockerem Spruch” charakterisiert.
Stimme des Silvesterlaufs warst du seit 1992 – und bist nicht wegzudenken. Bei der zweiten Auflage warst du im Lauf der Asse angetreten, obwohl deine Sportkarriere zu Ende war. Zur Begründung sagtest du: “Ein Lauf gehört zu Silvester wie dieses schwarze Tor zu Trier.” Wenig später gewann ich dich für die Moderation – und durfte seither in meiner Heimatstadt Jahr für Jahr zusammen mit dir am 31. Dezember moderieren. Zudem Leichtathletik-Sportfeste in Bitburg und Trier, ein Stabhochspringen vor der Porta Nigra. Auch schon mal andernorts. Es war jedes Mal ein riesiges Vergnügen, ich habe einiges von dir gelernt. Für mich, den Schreiber von der Nachrichtenagentur SID, warst du viel mehr als ein Kollege, den ich bei zahlreichen Einsätzen traf. Anfangs Vorbild als Journalist, später Freund. Der Zufall wollte es, dass wir jahrelang bei Olympia sowie Welt- und Europameisterschaften über dieselben Sportarten berichteten: Im Sommer Leichtathletik und im Winter Eisschnelllauf; du für das ZDF, ich für den SID.
Tränen sind sicher bei einigen Trierern geflossen, als heute die schreckliche Nachricht eintraf: Wolf-Dieter Poschmann ist am 27. August nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.
Der Abschied tut weh. Ruhe in Frieden, lieber Poschi.