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Silber, das wie Gold glänzt

Schaut her, da sind die Medaillen…

Bis sich die pure Freude einstellen konnte, dauerte es ein wenig. Verständlich: Denn wenn dir eine Goldmedaille schon am Hals baumelt, und du sie kurz danach wieder abgeben musst, dann weckt das zwangsläufig zunächst ein Gefühl der Enttäuschung. “Du weißt nicht, wie dir geschieht”: So empfunden von Andre Ramisch und Mathis Kaufmann am Tag der deutschen Marathonmeisterschaft. Eine Woche danach aber glänzt das Team-Silber, das sie mit Weltklasseläufer Samuel Fitwi in Hannover gewonnen haben, in den Augen der beiden Silvesterläufer wie Gold. Hier erzählen wir, warum “Marathon-Küken” Mathis kurzfristig sogar drei Goldplaketten in Händen hielt – und wie es sich für Andre Ramisch anfühlte, als vermeintlicher deutscher Meister interviewt zu werden – mit Tränen der Rührung in den Augen (Foto).

Vergessen wird keiner aus dem Marathon-Trio des Vereins Silvesterlauf Trier diesen 6. April 2025, diese dramatischen Stunden von Hannover. Samuel Fitwi nicht, der das Teamsilber als Zugabe zu seinem DM-Gold als Einzelmeister erhielt. Aber Mathis und Andre erst recht nicht. “Natürlich ärgert man sich, gerade weil es ja nur 21 Sekunden waren, die uns letztlich gefehlt haben”, erzählt Andre Ramisch ein paar Tage später beim Medientag des Vereins Silvesterlauf Trier im Trierer Hafen. Die Zahlen dazu: Fitwi 2:06:29 Stunden, Kaufmann mit seinen gerade mal 21 Jahren tolle 2:29:56 und Ramisch 2:34:37 – summa sumarum 7:11:02 Stunden, Platz zwei hinter LAV Stadtwerke Tübingen (7:10:41) im Feld von insgesamt 36 Vereinen, wenn man so will die erste und zweite Bundesliga. Und dann ganze 21 Sekunden Rückstand auf insgesamt dreimal 42,195 gleich 126,585 Kilometer… (Tabelle am Textende)

Mathis Kaufmann stand bei der Siegerehrung im Neuen Rathaus der niedersächsischen Landeshauptstadt neben Andre Ramisch und schildert die Momente, in denen Gold ebenso schnell zerronnen wie gewonnen war: “Wir standen da mit den Goldmedaillen am Hals. Andre wurde gerade interviewt und ich sehe, wie ein DLV-Kampfrichter gestresst und mit ernstem Blick um die Ecke kommt und sagt: Wir müssen die Siegerehrung abbrechen, die ist falsch.”

Ein Moment der Starre. “Dann haben Samu und Andre mir ihre Medaillen gegeben”, erzählt Mathis, “und ich hatte plötzlich drei Goldmedaillen in der Hand, die mir zunächst irgendwie keiner abnehmen wollte”. Klar, die Peinlichkeit lag beim Kampfgericht des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), auch wenn noch nicht alle Läufer im Ziel waren. “Wir waren davon ausgegangen, dass wir Zweiter sein müssten”, erinnert Mathis, “und waren freudig überrascht, als Erste aufgerufen zu werden”. Riesig die Herzenssprünge der Trierer. “Es ist so schade vor allem für die beiden Jungs”, sagte Samuel in Hannover. Und: “Das Teamgefühl motiviert mich zusätzlich. Wir sind eine coole Truppe.”

Mit ein paar Tagen Abstand erinnert Andre Ramisch noch ziemlich genau die Worte, die er in den emotionalen Momenten mit Gold um den Hals fand. “Ich habe gesagt, wie das ist mit Samuel in einem Team zu stehen. Ich fand es einfach schön, weil Samu eine unglaublich nette Menschenseele ist und es für jemanden wie mich bis dahin unvorstellbar war, bei einer deutschen Meisterschaft eine Medaille zu kriegen. Da brauche ich mir nichts vorzumachen.” Im Rückblick empfindet der 26-Jährige echte Genugtuung über Silber: “Da stehen zu dürfen und eine DM-Medaille zu gewinnen, das war eine große Ehre.”

Auch wenn sich Ramisch und Kaufmann erstmal auf kürzere Distanzen fokussieren, Hannover hat den Ehrgeiz angestachelt. “Es soll nicht der Höhepunkt sein”, sagt Ramisch, der im Fulltime-Job als Laufexperte bei City Sport Trier im wahrsten Sinne Laufkundschaft berät, und ergänzt: “Nicht für mich und auch nicht für das Team in der Marathonstaffel. Der Rheinland-Pfalz-Rekord ist etwas, was auf jeden Fall noch einmal in Angriff genommen wird, schließlich bin ich in Hannover nicht meine Bestzeit gelaufen.” Die Landesbestmarke hält die LG Andernach-Neuwied (7:08:24). Immerhin verbesserte der Silvesterlauf Trier e.V. den seit 35 Jahren gültigen Bezirksrekord der TG Konz um mehr als 20 Minuten. Die Qualität der Trierer Zeit von Hannover spiegelt sich im übrigen darin, dass die Zeit 15 Mal in den vergangenen 20 Jahren zum Titel gereicht hätte.

Gesa Krause saß am Hafen-Medientag neben Mathis Kaufmann. Die Hindernislauf-Weltklasseathletin hatte parallel zum Hannover-Marathon ihre erfolgreiche erste Straßenlaufsaison beim Halbmarathon in Berlin abgeschlossen. “So etwas ist mir noch nicht passiert und das darf bei einem großen Wettkampf nicht passieren. Es war immerhin einen deutsche Meisterschaft”, sagte Krause. Siegerehrungen betreffend erinnert die zweimalige Europameisterin “nur in Zusammenhang mit einer Dopingproblematik ein ähnlich ungutes Gefühl”. 2012 bei der EM in Helsinki war sie nicht in den verdienten Genuss gekommen, an einer Siegerehrung teilzunehmen. Erst Jahre später rückte sie wegen der nachträglichen Disqualifikation einer vor ihr platzierten Konkurrentin auf Rang drei vor. “Die Medaille wurde mir acht Jahre später in einer Klarsichthülle zugeschickt”, sagt sie.

Marathon-Küken Mathis ließ die letzten Tage auf seinem Instagram-Kanal running.mathis Revue passieren: “Es war eine nahezu perfekte Woche, in der ein Highlight das andere gejagt hat. Ich bin immer noch unglaublich überwältigt und super stolz, ein Teil dieses großartigen Vereins sein zu dürfen!”

Abschlusstabelle Marathon-Team-DM