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Ritchi und Nada: Comeback in Trier

Richard Ringer und Nada Pauer sind schon lange ein Paar und waren schon mehrfach gemeinsam in Trier. Die beiden Spitzen-Langstreckler beehren den Verein Silvesterlauf Trier am 31. Dezember 2024 ein weiteres Mal: Der “Hammer”-Olympiazwölfte von Paris und amtierende Marathon-Europameister mit dem langen Atem und dennoch unwiderstehlichen Spurt greift auf dem Hauptmarkt im Bitburger 0,0%-Lauf der Asse erneut nach dem Sieg. In einem Wahnsinns-Läuferfeld, das Silvesterlauf-Renndirektor Berthold Mertes schon Anfang November verpflichtet hat: Zu Ringers Konkurrenten zählen unter anderem München-Marathonsieger Nehemiah Kipyegon aus Kenia, 5000-Meter-Olympiafinalist Mike Foppen (Niederlande) sowie jeweils Deutschlands Nummer eins über 5000 Meter (Max Thorwirth/Düsseldorf) und 10.000 Meter (Nils Voigt/Wattenscheid). Nicht zu vergessen “local hero” Samuel Fitwi, 15. des Olympischen Marathons von Paris.

2022 – im Jahr seines EM-Golds – fehlte Ringer als Zweitplatzierter nur ein Hauch am Trier-Triumph. Damals noch über 8 Kilometer mit der inoffiziellen deutschen Bestmarke von 22:20 Minuten. Diesmal fällt die Entscheidung beim “deutschen Sao Paulo” erstmals nach 5 Kilometern. “Der nationale Rekord über diese Distanz wird wackeln”, kündigt Mertes an. Er steht bei 13:30 Minuten, gehalten von Nils Voigt. Durch die Verkürzung ist die Asselauf-Distanz nun genauso lang wie die der Athletinnen im Sparkasse Trier-Elitelauf der Frauen. Dort will Ringers Ehefrau Nada Pauer, ehemalige österreichische Meisterin über 1500 Meter, ihr Comeback-Jahr 2024 mit einer Topleistung abschließen.

Im Marathon “Zwölfter zu sein, das ist Hammer!”

Richard Ringer war Deutschlands bester und Europas drittbester Marathonläufer bei den Olympischen Spielen in Paris. Wurde Gesamtzwölfter und sagte danach: “Laufen ist der einfachste Sport der Welt. Du brauchst nur ein paar Schuhe.” Und ordnete seine Leistung zurecht hoch ein: “Bei so vielen Menschen, die diesen Sport betreiben, tatsächlich Zwölfter zu sein, das ist Hammer!” Olympia hatte er alles untergordnet, die Spiele in Paris akribisch bis ins kleinste Detail vorbereitet. Weshalb Ringer auf den Silvesterlauf 2023 verzichtete. Anfang Dezember hatte er in Valencia mit persönlicher Bestzeit von 2:07:05 Stunden die Olympia-Norm erfüllt.

Auf der Homepage der COROS-Trainingsplattform lässt sich das im Detail nachlesen. Für tiefer Interessierte hier ein Auszug: “In Kenia trainierte Richard Ringer auf einer Höhe von ca. 2.400 Metern. … Im Januar verbrachte er vier Wochen in Kenia, gefolgt von einem weiteren Aufenthalt in Iten, im April und Mai. Nach einer kurzen Rückkehr nach Deutschland setzte er seinen Höhentrainingszyklus im Juni in St. Moritz, Schweiz, auf 1.800 Metern fort.”

Das Spezialtraining für Paris zahlte sich aus

Und nun der Schwenk, den er im Gegensatz zu Samuel Fitwi und dem deutschen Marathonrekordler Amanal Petros (in Paris ausgestiegen) vollzog: “Kurz vor den Olympischen Spielen wechselte Richard von der Höhe ins Flachland und verbrachte Zeit in Italien, um sich gezielt auf heiße Bedingungen vorzubereiten. Das Training in der Hitze war entscheidend, da die Temperaturen in den Höhenlagen deutlich milder waren. Da es sich um die Olympischen Sommerspiele handelte, musste er sicherstellen, dass er auch unter extremen Hitzebedingungen der Belastung standhält.

Die olympische Marathonstrecke in Paris war in Bezug auf ihre beträchtlichen Bergauf- und Bergab-Passagen außergewöhnlich, und Richard nahm diese Herausforderung bei seiner Vorbereitung sehr ernst. „Bereits im Dezember, Februar und April habe ich mir die Strecke in Paris vor Ort genau angesehen, um zu wissen, was mich erwartet“, erklärte der vom Bodensee stammende Ringer, der zur Saison 2019 von seinem Stammverein VfB LC Friedrichshafen zum LC Rehlingen wechselt und weiterhin für den saarländischen Leichtathletik-Traditionsklub startet.

„Während meines zweiten Trainingslagers in Kenia in diesem Jahr habe ich mich intensiv auf das Training mit vielen Höhenmetern konzentriert und besonders anspruchsvolle Einheiten absolviert.“ Mit Erfolg: Mit seiner Pariser Zeit (2:09:18 Stunden) kam er so nah an seine persönliche Bestmarke wie kein anderer Marathon-Olympiateilnehmer. Als Ringer wenige Kilometer vor dem Ziel Samuel Fitwi überholte, motivierte er den 28-Jährigen vom Verein Silvesterlauf Trier, sich durchzubeißen und als hervorragender 15. ebenfalls noch unter 2:10 Stunden zu bleiben (2:09:50).

“Ritchi”, wie ihn die Szene nennt und wie es in Trier auf seiner Startnummer stehen wird (siehe Foto von 2022), ist mit inzwischen 35 Lebensjahren ein Läuferfuchs. Was ihm jede Überraschung auf dem Altstadtpflaster der Römerstadt zutrauen lässt, auch wenn beispielsweise der acht Jahre jüngere Nils Voigt und der 2024 mit der Zeit von 13:10,50 Minuten deutsche Jahresbeste Max Thorwirth (29) womöglich in puncto Grundschnelligkeit im Vorteil scheinen. Ringers Hausrekord aus dem Jahr 2015: 13:10,94. Voigt erhielt trotz einer Steigerung auf 27:30,01 über 10.000 Meter ebenso wenig einen Olympia-Startplatz wie Thorwirth. Was das aktuell irre Weltniveau und die eingangs erwähnte Aussage von Richard Ringer unterstreicht: So viele Menschen, die rennen … In keinem Sport ist die Konkurrenz so “Hammer” wie beim Laufen.

2022 lief Nada in Trier an Krücken

Weg vom Sportlichen plagten Nada Pauer in den vergangenen Jahren ganz andere Probleme. Vor zwei Jahren ging sie in Trier an Krücken und musste sich darauf beschränken, Richard zu unterstützen. Kurz nach dessen EM-Sieg hatten die beiden geheiratet. Ihre lange Verletzungsgeschichte scheint nach zahlreichen Rückschlägen endlich vorbei, der Traum vom Marathon lebt auch in Nada: Unter Anleitung von Richard als Trainer gelang Nada ein starkes Comeback im Straßenlauf, auch sie nun im Trikot des LC Rehlingen. Anfang September 2024 zeigte die inzwischen 37-Jährige in Hamburg mit einem starken 10-km-Rennen (34:31 Minuten) ansteigende Form.

Nada Pauer hat die österreichische und die deutsche Staatsangehörigkeit, wurde 2018 nationale 1500-Meter-Meisterin in der Alpenrepublik. Wer aus der Ferne ihre Leidensgeschichte seit 2019 mit drei Operationen verfolgt hat, wunderte sich, dass sie 2023 in Berlin nach langer Durststrecke im 10-km-Straßenlauf mit 33:49 Minuten ihre persönliche Bestleistung von 2019 (34:14) um 25 Sekunden verbesserte. Obwohl die promovierte Juristin seit April 2023 als wissenschaftliche Referentin beim Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München beschäftigt ist.

Ein kleines sportliches Wunder. Mitte 2023 wurde Pauers Leidensweg in der österreichischen Tageszeitung Krone von Leichathletik-Insider Olaf Brockmann detailliert beschrieben. Ein Auszug:

Nada Ina Pauer, 2019 über 3000 m noch Zwölfte der Hallen-EM in Glasgow, musste 2020 und 2021 an der Hamstringsehne operiert werden, im April 2022 erlitt sie einen Hüftbruch, als sie auf dem Fahrrad von einem Traktorfahrer übersehen worden war. Die Operation folgte im November 2022. Dazwischen lagen immer wieder Rückschläge, mühevolle Rehabilitationen und vorsichtige Comeback-Versuche. Heuer ging sie noch Mitte Jänner auf Krücken, ganz langsam wollte sie aufbauen, erlitt aber noch in diesem März einen Wadenriss. „Da hat schon kaum jemand mehr geglaubt, dass ich noch etwas hinkriege“, sagt sie im Rückblick. Aber einer besaß weiter festes Vertrauen in sie: Richard Ringer, Ehemann und Trainer.

Mit der LUXAIR werden die beiden am Morgen des 30. Dezember von München nach Luxemburg fliegen und am dortigen Flughafen von einem Silvesterlauf-Shuttlefahrzeug abgeholt werden – um weniger später im Athletenhotel IBIS Styles in unmittelbarer Nähe der Silvesterlaufstrecke den Medien Rede und Antwort zu stehen. Wie weitere Topathletinnen und -athleten am Tag vor der 35. Auflage des renommiertesten deutschen Silvesterlaufs.

Richard Ringer (vorne) und Nils Voigt (hinten) werden am 31. Dezember in Trier den deutschen Rekord im 5-km-Straßenlauf attackieren… sofern das Wetter so mild sein wird wie in den vergangenen Jahren. (Archivbild von 2022 / links im Bild ein überrundeter Läufer)