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Olivia Gürth krönt Trierer Gala

Millimeter-Entscheidung: Olivia Gürth katapultiert sich noch vor Kinga Krolik ins Ziel des 2000-Meter-Hindernislaufs.

Das 22. Volksbank Trier-Flutlichtmeeting übertraf am späten Freitagabend alle Erwartungen. Spitzensportler aus 18 Nationen begeisterten die etwa 700 Zuschauer im Moselstadion bei idealen Bedingungen und erfüllten das Motto des vom Verein Silvesterlauf Trier organisierten Leichtathletik-Spitzenevents („Weltklasse trifft Talente“) mit Leben. Die große Klasse spiegelt sich auch darin, dass zehn Nationen an den Top-Drei-Platzierungen beteiligt waren (siehe „Medaillenspiegel“ am Textende). Den Auftakt bildeten die Trierer Schulstaffelmeisterschaften um die Pokale des Oberbürgermeisters mit einer Rekordbeteiligung.

In den fünf packenden Laufentscheidungen des internationalen Programms gab es teilweise Millimeter-Entscheidungen. Olivia Gürth entriss der Polin Kinga Krolik quasi auf dem Zielstrich den Sieg: Dramatischer hätte der Schlussakt im Moselstadion nicht geschrieben werden können. Wer vorne war? Mit dem bloßen Auge kaum erkennbar, warf sich die U23-Europmeisterin aus Diez als Erste ins Ziel des Rennens über 2000 Meter Hindernis. Im letzten Rennen des vom Silvesterlauf-Verein organisierten Leichtathletik-Topevents war es am Freitagabend der einzige deutsche Sieg und der krönende Abschluss. In 6:10,46 Minuten lief Gürth deutsche Jahresbestzeit. Unter den Zuschauern: Gesa Krause. Die zweimalige Europameisterin vom Verein Silvesterlauf Trier steht knapp fünf Monate nach der Geburt ihrer Tochter Lola am kommenden Sonntag (17. September) beim 3. Edith Lücke-Frauenlauf über 5 Kilometer erstmals wieder an einer Startlinie.

Ein Finish im Stil von Gesa Krause

In Krause-Manier stürmte die 21-jährige Gürth nach dem Wassergraben über die Zielgerade und feierte letztlich einen Sieg des puren Willens. Die Polin Krolik – nur vier Hundertstelsekunden hinter der Deutschen gezeitet – wurde wie schon vor zwei Jahren Zweite, damals hinter Gesa Krause. Dritte wurde Julia Samuelsson mit schwedischem Rekord (6:12,98). Favoritin Fancy Cherono aus Kenia hingegen überraschend bis auf Rang sechs durchgereicht.

Für Gürth markiert Trier den Abschluss einer großartigen Saison mit fünf persönlichen Bestzeiten, Doppel-Gold bei den deutschen Juniorenmeisterschaften und dem U23-Europameistertitel. “Einige Erfolge haben sich angedeutet, aber dass es so gut laufen würde, hätte ich nicht gedacht”, sagte die Senkrechtstarterin nach der WM im Interview mit SWR Sport. 

Die ruhigeren Wochen im Herbst und Winter möchte Gürth nun erst einmal genießen. Ein großer Urlaub sei zwar nicht geplant, aber darauf, “morgens einfach mal liegen zu bleiben”, freut sie sich sehr, auch „aufmal den einen oder anderen Tag ohne Laufen”. Das hat sie sich nach dieser erfolgreichen Saison mit einem packenden Wimpernschlag-Finale bei der Zugabe in Trier definitiv verdient.

Kenianerin Kiprotich 1:59,97 über 800 Meter

Auch die internationalen Spitzenergebnisse der anderen Wettbewerbe genügten bei idealen äußeren Bedingungen (Windstille, Temperaturen um 20 Grad) allerehöchsten Ansprüchen. Erstmals auf Trierer Boden blieb eine Frau unter zwei Minuten über die 800-Meter-Distanz. Vivian Chebet Kiprotich aus der Läufernation Kenia leistete bei ihrem Sieg in 1:59,97 Minuten Maßarbeit, die zweitplatzierte Irin Sophie O’Sullivan holte sich nach der Verbesserung ihres Hausrekordes (2:01,43) eine halbe Stunde später nach einem taktischen Rennen über 2000 Meter vor der Niederländerin Marissa Damink den Sieg.

Ein 3000-Meter-Lauf der Extraklasse

Luxemburgs Sportidol Charles Grethen hatte die kürzeste Anreise der Spitzenathleten aus insgesamt 18 Nationen. Bei seinem „So-gut-wie-Heimspiel“ ließ der 1500-m-Olympiafinalist mit seinem Spurtsieg über 3000 Meter vor dem Australier Matthew Ramsden die Begeisterung der etwa 700 Zuschauer hochkochen. „Als es auf die letzte Runde ging, wusste ich, dass meine Kraft auch für einen Sieg im Spurt reichen würde“, sagte Grethen, nachdem er den Nationalrekord auf 7:43,41 Minuten verbessert hatte.  Das freudige Strahlen wollte gar nicht mehr aus dem Antlitz des 31-jährigen Luxemburgers weichen.

Das Rennen der Männer über 3000 Meter war ein Höhepunkt mit sieben Leistungen unter dem alten Meetingrekord. 
Am Ende hielt 1500-m-Olympiafinalist Charles Grethen die Gegner in Schach und siegte in luxemburgischer Rekordzeit. 

Insgesamt sieben Läufer blieben unter dem alten Meetingrekord von Vorjahressieger Abdi Ali Mahadi, der diesmal in 7:45,31 Platz drei belegte. Mit ausladenden Dankesgesten in Richtung Haupttribüne ließ sich der viertplatzierte Michal Groberski feiern: Schneller als der 23-jährige Pole (7:45,70) war in der Leichtathletikgeschichte nur einer seiner Landsleute:  Olympiasieger Bronislaw Malinowski. Weltspitzenleistungen im Juniorenbereich lieferten Andreas Fjed Halvorsen (Nowegen/6. in 7:47,04) wenige Tage vor seinem 18. (!) Geburtstag und Kevin Kamenschak (19) aus Österreich (7:48,57) ab, die damit 2023 die europäischen U20-Ranglisten anführen. Weltklasse trifft Talente: Nie stimmte das Motto des Trierer Flutlichtmeetings mehr als am 8. September 2023.

Lehrstunde für U23-Meister Benjamin Dern

Benjamin Dern erhielt bei seinem Heimspiel eine Lehrstunde: Der deutsche 5000-m-Meister der Altersklasse U23 vom Verein Silvesterlauf konnte bei seinem Debüt über 10.000 Meter nur bis zu Hälfte der Distanz das geplante Tempo halten und lief nach 30:42,49 Minuten entkräftet ins Ziel. Das Rennen endete deutlich über dem Meetingrekord von Derns Vereinskamerad Samuel Fitwi (2022: 28:48,50 Minuten). Fitwi ordnet zurzeit im äthiopischen Höhentrainingslager alles der Vorbereitung auf den Berlin-Marathon unter. In seiner Abwesenheit kam es zu einem belgischen Dreifacherfolg durch Arnaud Dely (29:25,05), Arnaud Collard (29:27,34) und Enzo Noel (30:27,32). 

Ergebnisse der fünf internationalen Rennen:

FRAUEN

800 Meter: 1. Vivian Chebet Kiprotich (Kenia) 1:59,97 Minute, 2. Sophie O’Sullivan (Irland) 2:01,43, 3. Malin Hoelsveen (Norwegen) 2:01,63, 4. Carley Thomas (Australien) 2:02,95, 5. Sofia Thogersen (Dänemark) 2:03,23, 6. Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) 2:03,53, 7. Claire Mooney (Irland) 2:03,82, 8. Sara Christmann (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) 2:19,04, 9. Maxima Majer (beide LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) 2:19,49

2000 Meter, präsentiert vom Klinikum Mutterhaus: 1. Sophie O’Sullivan (Irland) 6:00,44 Minuten, 2. Marissa Damink (Niederlande) 6:00,82, 3. Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) 6:27,64, 4. Anna Michels (LG Vulkaneifel) 7:04,88, 5. Johanna Raßkopf (Post-SV Trier) 7:29,14, 6. Neele Fuhs (Fortuna Saarburg) 7:31,78, 7. Judith Weber 7:31,78, 8. Ella Repplinger (beide Post-SV Trier) 7:41,93

2000 Meter Hindernis, präsentiert von Volksbank Trier: 1. Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien) 6:10,46 Minuten (deutsche Jahresbestzeit), 2. Kinga Krolik (Polen) 6:10,50, 3. Julia Samuelsson (Schweden) 6:12,98 (nationaler Rekord), 4. Veerle Bakker (Niederlande) 6:14,99 (nationaler Rekord), 5. Patrycja Kapala (Polen) 6:15,20, 6. Fancy Cherono (Kenia) 6:20,95, 7. Eline Dalemans 6:22,89, 8. Elia Cappa (beide Belgien) 7:06,35, 9. Emma May (LLG Hunsrück) 7:48,47, aufgeg.: Agnieszka Chorzepa (Polen)

MÄNNER

3000 Meter, präsentiert von LOTTO: 1. Charles Grethen (Luxemburg) 7:43,41 Minuten (nationaler Rekord), 2. Matthew Ramsden (Australien) 7:43,70, 3. Abdi Ali Mahadi (Niederlande) 7:45,31, 4. Michal Groberski (Polen) 7:45,70, 5. Arthur Gervais (Frankreich) 7:45,98, 6. Andreas Halvorsen (Norwegen) 7:47,04, 7. Kevin Kamenschak (Österreich) 7:48,57, 8. Per Svela (Norwegen) 7:51,38, 9. Santtu Heikkinen (Finnland) 7:53,43, 10. Oussama Lonneux 8:08,69, 11. Simon Jeukenne 8:13,00, 12. Regis Thibert 8:13,39, aufgeg.: Sven Bombeke (alle Belgien)

10.000 Meter, präsentiert von HAFEN TRIER: 1. Arnaud Dely 29:25,05 Minuten, 2. Arnaud Collard 29:27,34, 3. Enzo Noel (alle Belgien) 30:27,32, 4. Benjamin Dern (Silvesterlauf Trier) 30:42,49, 5. Yannik Erz (LG Bernkastel/Wittlich) 32:14,72, 6. Andre Ramisch (Silvesterlauf Trier) 32:45,12, 7. Martin Müller (LG Meulenwald Föhren) 33:46,50, 8. Anthony Saunier (Frankreich) 36:45,66

„MEDAILLENSPIEGEL“

Belgien                                  1          1         1
Irland                                    1          1         –
Deutschland                         1          –          1
Kenia                                    1          –          –
Luxemburg                          1          –          –
Niederlande                         –          1         1
Australien                             –          1         –              
Polen                                    –          1         –
Norwegen                             –          –          1
Schweden                             –          –           1