Ein September ohnegleichen

Der September 2025 hatte es in sich, für den Verein Silvesterlauf Trier war er geprägt von unvergesslichen Momenten – ein ausführlicher, genussvoller Rückblick ist deshalb an diesen ersten, ruhigen Herbsttagen angebracht: Die Zuschauer des 24. Volksbank Trier Eifel-Flutlichtmeetings werden die Leichtathletik-Sternstunde im Moselstadion nicht vergessen, ebenso dürfen die annähernd 1.000 Teilnehmerinnen am 5. Edith Lücke-Frauenlauf das Finish im römischen Amphitheater in leuchtender Erinnerung behalten. Und wer am Bildschirm die Weltmeisterschafts-Übertragung aus Tokio verfolgte, dem hat sich Gesa Krauses Sturz am letzten Wassergraben ins Gedächtnis eingebrannt. Vor allem aber, wie sie sich aufrappelte und ihr siebtes WM-Finale über 3000 Meter Hindernis als Siebte und damit beste Europäerin beendete. Die 33-Jährige ist eine grandiose Athletin. 2026 ist das zehnte Jahr, in dem Gesa die Silvesterlauf-Vereinsfarben grün-weiß-schwarz repräsentiert. Mit der zweimaligen Europameisterin begann 2017 eine neue Erfolgsära für unseren Klub.
Flutlichtmeeting 2025: Die Rahmenwettbewerbe
Alles begann in diesem goldenen September mit den Nachwuchswettbewerben beim Flutlichtmeeting, das am 2. September den Höhepunkt der jüngeren Trierer Leichtathletikgeschichte markierte. Zum bereits vierten Mal rannten Schülerteams um die Pokale des Oberbürgermeisters Wolfram Leibe. In einem ungewöhnlichen Staffelwettbewerb: Die Distanzen 800 – 200 – 200 – 800 Meter sind zu bewältigen, was für einen großen Spannungsbogen sorgt. Auf dem Schlussabschnitt können auch Rückstände, die auf den ersten Blick noch gewaltig erscheinen, aufgeholt werden. Diesmal holte sich erstmals eine Schülerstaffel der Eifel den Pokal: Die Jungs der St. Matthias-Schule Bitburg siegten vor dem Max-Planck-Gymnasium, das wiederum im Mixed vorne lag. Bei den Mädels lag überraschend die IGS Trier vorne.
In den Rahmenwettbewerben der Jüngsten gab es sehr zur Freude von Silvesterlauf-Sportvorstand Norbert Ruschel durch Jonah Karges sogar einen Heimsieg: Der Neunjährige vom Verein Silvesterlauf Trier gewann die 800 Meter der U10 mit weitem Vorsprung in 2:47,15 Minuten. „Es ist wichtig, dass wir die Kinder frühzeitig für den Sport begeistern“, sagte Ruschel, der als Leiter der Trierer Ausonius-Grundschule genau weiß, wovon er in Zeiten der Bewegungsarmut spricht. Und der – wann immer es seine Zeit erlaubt – selbst Trainingseinheiten der jüngsten Vereinsmitglieder leitet. „Das macht einfach Spaß“, so Ruschel, der ständig auf der Suche nach zusätzlichen Übungsleitern ist, „weil wir unser Angebot aufgrund der großen Nachfrage gerade bei den Jüngsten ausweiten möchten.“
Der Silvesterlauf-Verein hat sich neben der Stärkung des sportlichen Unterbaus die Öffnung für alle Alters- und Fähigkeitsbereiche auf die Fahnen geschrieben: Seit Anfang des Jahres 2025 kommen regelmäßig einmal im Monat bis zu 70 Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zum inklusiven Lauftreff (Infos: Marc Suhrcke / msuhrcke@silvesterlauf.de). Ebenfalls im Moselstadion treffen sich (schon seit 2021) jeden Montag um 19 Uhr bis zu 30 Frauen beim einzigen reinen Frauen-Lauftreff der Stadt (Infos: Judith Knob / judith.berg@gmx.de). Seit 2024 gibt es eine Parasport-Abteilung (Infos: Fritz Kretzschmar / fkretzschmar@silvesterlauf.de).







Flutlichtmeeting 2025: Die Weltklasse
Zurück zum Flutlichtmeeting, das bei seiner 24. Auflage mit mehr als 500 Teilnehmern und 1.800 Zuschauern Rekordwerte erreichte: Erster emotionaler Höhepunkt war der Lux-Top-Inklusionslauf. Zur Filmmusik von „Chariots of fire“ („Die Stunde des Siegers“) liefen, walkten oder rollten 220 Aktive drei Runden über die rote Tartanbahn. Später steppte auf der gut gefüllten Haupttribüne des Moselstadions der Bär: Majtie Kolberg, Olympia-Halbfinalistin von Paris, sorgte über 800 Meter für einen deutschen Sieg und lief dabei in 1:59,52 ihre einzige Zeit des Jahres unter zwei Minuten. Gesa Krause strahlte auf dem Siegertreppchen mit Töchterchen Lola auf dem Arm, nachdem sie als 1500-Meter-Dritte ihre persönliche Bestzeit auf 4:04,91 Minuten gesteigert hatte. 800-Meter-Halleneuropameister Samuel Chapple (Niederlande) lief in der Weltklassezeit von 3:31,65 Minuten zum 1500-Meter-Sieg und U20-Weltmeister Andreas Halvorsen (Norwegen) warf sich nach 7:40,21 Minuten über 3000 Meter mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung vor dem Polen Kamil Herzik ins Ziel.
„Jedes Rennen ein Höhepunkt, und dann kam dauernd noch einer, und noch einer, und noch einer…“, schwärmte Silvesterlauf-Vereinstrainer Yannik Duppich zu später Stunde in der Null-Fünf-Lounge unter dem Stadiondach (Danke an Eintracht Trier für die Kooperation!). Tatsächlich: Im abschließenden internationalen Rennen verfehlte der Spanier Mohamed Attaoui über 1000 Meter um die Winzigkeit von sieben Hundertstelsekunden den Europarekord des legendären Sebastian Coe (aktuell Präsident des Weltverbandes World Athletics) aus dem Jahr 1981. Am Weltrekord von Kenias Olympiasieger Noah Ngeny fehlten lediglich 0,29 Sekunden. Platz fünf über 800 Meter belegte der 23-jährige Attaoui 14 Tage nach Trier im WM-Rennen von Tokio. Eine Olympiamedaille 2028 in Los Angeles hat der Vize-Europameister fest im Visier.







Frauenlauf: Die 1.000 wackelt
Gesa Krause und Olivia Gürth waren die prominenten Siegerinnen der Jahre 2023 und 2024 beim Edith Lücke-Frauenlauf – beide hatten genau wie die übrigen Teilnehmerinnen dieses in der Region Trier einzigartige Event in erster Linie als für sie seltenes Gemeinschaftserlebnis ohne jeden Leistungsdruck empfunden und die fünf Kilometer locker-flockig absolviert. Diesmal weilten die beiden Topathletinnen des Vereins Silvesterlauf Trier zeitgleich bei den Weltmeisterschaften in Tokio. Dazu später mehr. An diesem 14. September 2025 hätten Gesa und Olivia in ihrer sportlichen Heimat ihre wahre Freude gehabt: Schon beim Aufwärmen unter Anleitung der Trainerinnen von pulswerk Schweich herrschte an den Kaiserthermen schon vor dem Startschuss eine ausgelassene Atmosphäre. Mehr Frauen denn je (Melderekord: 962) – allesamt in schwarzen Laufshirts mit einer künstlerischen Abbildung des Römerbads – stimmten sich auf den Genusslauf vorbei an den touristischen Highlights der ältesten Stadt Deutschlands ein. „Vielen Dank, dass Ihr so zahlreich gekommen seid. Das ist großartig“, begrüßte Titelsponsorin Edith Lücke die Sportlerinnen. „Erzählt von Eurem Erlebnis“, ergänzte sie. „Nächstes Jahr schaffen wir die 1.000…“
Die glücklichen Gesichter im Amphitheater sprachen einmal mehr Bände. Die Zielgerade zelebrierte die eine oder andere Frau mit einem Freudenhüpfer oder -sprung, viele liefen Hand in Hand. Häufig waren es Mutter und Tochter gemeinsam. Die Mutter-Tochter-Wertung, powered by Frisör Thonet, gewannen Sandra Lochmüller (Mama, 55 Jahre) und Janina Sophie Theobald (25). Birgit Steil (STEIL Kranarbeiten) zeichnete das schnellste Trio aus: Es kam vom Luxemburger Leichtathletik-Traditionsverein Celtic Diekirch. Das Team Mutterhaus wurde als größtes Team (38 Läuferinnen im Ziel) ausgezeichnet, und zwei Läuferinnen durften sich über den unter allen Finisherinnen verlosten Gewinn einer Fahrt mit dem Heißluftballon der Volksbank Trier Eifel freuen.



















Gesas WM-Drama und Olivias Versöhnung
17. September: Nahe am Herzstillstand war nicht nur die Familie auf der Tribüne in Tokio. Ebenso erging es den Trierer Fans von Gesa Krause, als die zweimalige WM-Dritte 150 Meter vor dem Ziel auf dem nassen Balken abrutschte und auf dem Bauch im Wassergraben landete. Doch Gesa rappelte sich auf und packte noch einen starken Endspurt aus, mit dem sie vor der Äthiopierin Lomi Muleta und Angelina Napoleon (USA) als Siebte die Ziellinie passierte.
Damit hatte die Ausnahmeathletin vom Verein Silvesterlauf Trier trotz ihres Bauchplatschers am letzten Wassergraben vor 70.000 Zuschauern bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Japans Metropole ein grandioses Ergebnis abgeliefert. Bei ihrer insgesamt siebten WM-Finalteilnahme über 3000 Meter Hindernis lief die 33-Jährige als beste Nicht-Afrikanerin auf Platz sieben. Die Zeit (9:14,27 Minuten) wäre ohne den Sturz ein paar Sekunden besser gewesen, aber das spielte keine Rolle. „Herzlichen Glückwunsch zur Europameisterschaft!”, gratulierte ARD-Reporter Claus Lufen der Silvesterläuferin unmittelbar nach dem denkwürdigen Finale.
Es war ein großartiger Abschluss der für Gesa alles andere als einfachen Saison, zu deren Auftakt sie im Mai in Oslo bei der Kollision mit einem Hindernis einen Rippenbruch erlitten hatte. Die Überlegung der zweimaligen Europameisterin, vor dem endgültigen Wechsel zum Straßenlauf ein weiteres Jahr die Hindernisstrecke als Kern ihrer sportlichen Ziele, ist nun sehr naheliegend. 2026 stehen als Leichtathletik-Saisonhöhepunkt die Europameisterschaften in Birmingham auf dem Programm.
Die kontinentalen Titelkämpfe sind zweifelsohne das nächste große Ziel für Olivia Gürth. Auch die 22-Jährige erlebte in Tokio einen versöhnlichen Saisonabschluss, nachdem sie den deutschen Meistertitel Anfang August als Zweite quasi verschenkt hatte und kurz vor der WM erkrankt war. Mit ihrer Saisonbestzeit von 9:15,28 Minuten kam Olivia bis auf elf Hundertstelsekunden an ihre persönliche Bestzeit heran. „Das hat mich mit diesem Jahr versöhnt und ich kann mit einem guten Gefühl in die Trainingspause gehen“, sagt sie mit ein paar Tage Abstand, obwohl sie das WM-Finale hauchdünn um 22 Hundertstelsekunden verpasste.