1990
007
„007“ kommt in geheimer Mission, haut den deutschen 10.000-Meter- Rekordler vom Favoritenschild, und stürmt mit erhobenen „Goldfingern“ über den Zielstrich auf dem Hauptmarkt. Ja wirklich, vom 1. Trierer Silvesterlauf ist die Rede. Der Mann mit der Bond-Nummer „007“ auf der Brust ist Olaf Dorow, und der 27 Jahre alte Rostocker schlägt bei am Ende strömendem Regen im 8-km-Lauf der Asse den früheren Vorzeige-Langstreckler der DDR, Werner Schildhauer, Vize-Weltmeister von 1983 über 10.000 Meter. So spannend wie ein Bond-Krimi ist das Rennen allemal, erst auf der Zielgeraden setzt sich Dorow ab. Dahinter spurten osteuropäische und deutsche Spitzenläufer um die Plätze. Veranstalter des ersten Trierer Silvesterlaufs ist der SV Eintracht-Trier 05; geistige Väter sind Christoph Güntzer und Berthold Mertes, die mit einer kleinen Helferschar ins Rollen bringen, was sie zu diesem Zeitpunkt allenfalls ahnen: Dass Trier binnen weniger Jahre zu einem der renommiertesten Silvesterläufe der Welt aufsteigt – zum „deutschen Sao Paulo“.
1991
Boom:
Nahezu 10.000 Menschen schauen zu, wie sich Joseph Keino, in jenem Jahr viertschnellster 10.000-Meter-Läufer der Welt, und Sammy Maritim einen packenden Zweikampf liefern. Bei für die Jahreszeit außergewöhnlich guten Bedingungen (gut 10 Grad und trocken) hetzen sich die beiden Kenianer gnadenlos. Das Resultat: Ein auf Jahre hinaus gültiger Super-Streckenrekord. Die 22:26 Minuten sind 1991 die schnellste in der Welt erzielte Zeit über die in den USA häufig gelaufene 8-km-Distanz.Veranstalter ist der TV Germania Trier, dem sich zwischenzeitlich die Läufergruppe des SV Eintracht komplett angeschlossen hat. Im Gegensatz zur Silvesterlauf-Premiere sind diesmal auch bei den Frauen Preisgelder ausgesetzt. Daher geht ein internationales Top-Feld an den Start. Es gewinnt Cross-Mannschaftsweltmeisterin Helen Kimaiyo vor Tegla Loroupe, der späteren Marathon-Weltrekordlerin und dreimaligen Halbmarathon-Weltmeisterin.
1992
Neue Rekorde
Das Duell zwischen Guido Streit und Martin Block zieht bei herrlichem Winterwetter mehr als 10.000 Zuschauern in ihren Bann – bis dato Zuschauerrekord! Der Trierer Streit vom ausrichtenden TV Germania reißt nach fünf Kilometern die Arme hoch. In einem Foto-Finish hat er den Leverkusener Block in großartigen 15:05 Minuten geschlagen, die noch heute Jugendlauf-Rekord sind. „Das ist das geilste Rennen“, sagt der damals 18-jährige Guido Streit, dessen Talent den Silvesterlauf-Gründern Berthold Mertes und Christoph Güntzer bei der Veranstaltungspremiere 1990 aufgefallen war. Inzwischen trägt der weiterhin von seinem ersten Coach Berthold Mertes trainierte Tischler das Trikot des TSV Bayer 04 Leverkusen. Und zählt zur nationalen Elite: 1999 war Streits bislang beste Saison mit DM-Bronze über 3.000 m und der Steigerung auf 7:56,14 Minuten über 3.000 m und auf 13:52,17 über 5.000 m. 2001 wurde er deutscher Vizemeister im Crosslauf. Block wurde 1999 DM-Zweiter über 10.000 m, beim Bit-Silvesterlauf 2000 brach er in die Phalanx der afrikanischen Spitzenläufer ein und wurde glänzender Dritter, Guido Streit Zwölfter. Wolf-Dieter Poschmann gibt sein Kommentatoren-Debüt auf dem Hauptmarkt.
1993
Kein Hindernis für einen der besten Hindernisläufer der Welt:
der Kenianer Gideon Chirchir schafft es als erster Athlet, zweimal in Folge beim Trierer Silvesterlauf zu gewinnen. Sammy Maritim verpasst zum drittenmal in Folge nur hauchdünn den Sieg. 1991 war er Zweiter, 1992 Dritter, und jetzt schon wieder Zweiter. Sechs Afrikaner unter den ersten Zehn! Obwohl die äußeren Bedingungen (strömender Dauerregen) die bis dahin schlechtesten seit der Premiere sind, läuft Chirchirs Landsfrau Margaret Kagiri in 16:06 Minuten Streckenrekord für die im Vorjahr anstelle der 4 Kilometer eingeführte 5-km-Distanz. Das miese Wetter kann über 300 Aktive nicht vom Start im Volkslauf der Männer abhalten. Viele Youngster starten bei der extremen Witterung jedoch nicht, folglich sinkt die Gesamt-Teilnehmerzahl unter 900.
1994
Zwischentief
Zur Jahreswende von 1994 auf 1995 steht Silvesterlauf-Veranstalter TV Germania Trier am Scheideweg. Entweder der Etat wird künftig kräftig erhöht, oder internationale Topbesetzungen gehören bald der Vergangenheit an. Diesmal werden erstmals die Preisgelder gekürzt und kaum noch Antrittsprämien gezahlt. Dennoch rennt Asphalt-König Laban Chege, einer der weltbesten Straßenläufer, im Alleingang mit 22:45 Minuten die bis dato zweitschnellste Zeit im Lauf der Asse. Die Fünftplatzierten liegen bei Männern wie auch Frauen jedoch schon deutlich zurück, im fünften Veranstaltungsjahr sinkt die Gesamt-Teilnehmerzahl auf den zweitniedrigsten Stand. Zum fünftenmal in Folge gewinnt Saar 05 Saarbrücken die Teamwertung der Männer. Bei den Frauen gelingt CA Luxembourg nach Post-SV Trier (2x), SC Cottbus und TV Herxheim der erste ausländische Klub-Erfolg.
1995
Danke, ein Bit!
Der kleine Zusatz im Namen des Trierer Silvesterlaufs bewirkt Großes. Dank der Titelsponsorschaft durch die Bitburger Braugruppe ist die Zukunft als Spitzensport-Ereignis vorerst gesichert. Durch Schnee und Eisregen bleiben einige Athleten bereits vor dem Start auf der Strecke. Etliche Silvesterläufe in Deutschland werden abgesagt. Trier nicht. „Ein Wunder, dass gelaufen werden kann. Das hätte ich noch heute morgen nicht geglaubt.“ Mit diesen Worten eröffnet Schirmherr Helmut Schröer die Wettkämpfe. Die städtischen Streudienste haben ganze Arbeit geleistet und die kritisch glatten Stellen auf der 1-km-Runde entschärft, dennoch leiden die Zeiten naturgemäß. James Kariuki, der Führende im Cross-Weltcup, sorgt für den fünften Kenia-Erfolg in Serie auf Triers Pflaster. Bis zuletzt heizt ihm jedoch sensationell Thorsten Naumann ein, der als bester Deutscher Stephane Franke (4.) schlägt. Den ersten deutschen Frauen-Erfolg seit der Silvesterlauf-Premiere macht Andrea Fleischer perfekt.
1996
Überraschungssieger
Als zweiter Deutscher nach dem Rostocker Olaf Dorow im Premieren-Jahr 1990 gewinnt Thorsten Naumann den Lauf der Asse. Minusgrade machen dem Eifel-gestählten langen Blonden aus Mayen weniger zu schaffen als den Athleten aus Afrika. Der rutschige Untergrund – mehrmals muss die Strecke vom Schnee geräumt werden – trägt ebenfalls zum „Favoritensterben“ bei. Stephane Franke, Europameisterschaftsdritter über 10.000 Meter, wird nur Zwölfter – ein Zeichen für das stark besetzte Läuferfeld. Luminita Zaituc schafft als erste Frau den zweiten Sieg in Trier. Erstmals hatte die gebürtige Rumänin, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, 1994 gewonnen. Die Siegerzeiten sind die schwächsten seit dem Premierenjahr. Die Goldmedaille gebührt erneut den wetterfesten Helfern der Stadt Trier und des TV Germania. Erstmals sind die Sambatrommler mit von der Partie, erstmals werden auch Konfetti und Wunderkerzen ans Publikum verteilt. Der Mythos vom „deutschen Sao Paulo“ ist endgültig begründet.
1997
Rekord-Jahr
Nach zwei Jahren mit extrem schlechten Witterungs-Bedingungen (1995 Eisregen, 1996 Schnee) hagelt es diesmal Bestleistungen bei optimalen Temperaturen um zwölf Grad: Der Vorjahreszweite Isaac Kariuki aus Kenia rennt die Konkurrenz in Grund und Boden, bleibt in 22:21 Minuten fünf Sekunden unter der Strecken-Bestmarke seines Landsmannes Joseph Keino bei dessen Rekordrennen 1991. Beeindruckend, wie der Afrikaner auf den letzten beiden Runden das teuflisch hohe Tempo hält. Dank des Streckenrekord-Jackpots erhält Kariuki die bislang höchste Prämie in Trier: 5500 Mark. Im Frauen-Lauf fällt ebenfalls die alte Marke: Die Kenianerin Leah Malot ist in 15:46 Minuten gleich 20 Sekunden schneller als Margaret Kagiri vier Jahre zuvor. Die erneut 10.000 Zuschauer sind vom Foto-Finish gegen die zweimalige Silvesterlauf-Siegerin Luminita Zaituc (15:47) begeistert. Es ist der dritte kenianische Doppel-Triumph bei Männern und Frauen in der Historie des Bitburger-Silvesterlaufs in Trier.
1998
Der Stern von Irina Mikitenko geht auf
Die gebürtige Kasachin, 1996 nach den Olympischen Spielen mit ihrer deutschstämmigen Familie nach Deutschland ausgewandert, vollzieht als Silvesterlauf-Siegerin in Trier den Sprung in die Weltklasse, den sie in der folgenden Saison mit Platz vier bei der WM in Sevilla und zwei deutschen Rekorden krönt. Auch im Feiern beweist Irina Mikitenko in Trier Weltklasse: Ins neue Jahr „rutscht“ sie gemeinsam mit Marathon-Legende Katrin Dörre-Heinig und Luminita Zaituc. Was ihnen offensichtlich so gut gefällt, dass sie – erneut mit der Familie – auch den Jahrtausendwechsel in Trier erleben wollen. Wie Mikitenko (nur zwei Sekunden über dem Streckenrekord) bietet auch der Sieger des Bitburger-Lauf der Asse Daniel Gachara beim siebten Kenia-Triumph in neun Jahren eine glänzende Vorstellung: In 22:35 Minuten läuft er auf Rang vier der ewigen Trierer Silvesterlauf-Bestenliste.
1999
Millenniumsfieber!
Der Jahrtausendwechsel bringt ein bisher nicht erlebtes läuferisches Feuerwerk nach Trier. Nie waren der Bit-Lauf der Asse und vor allem der Sparkassen-Lauf der Frauen so stark besetzt. Ein Beleg: Thorsten Naumann, Sieger von 1996, wird nur 16., obwohl er nur wenige Sekunden langsamer ist als bei seinem Triumphlauf drei Jahre zuvor. Daniel Gachara verteidigt seinen Titel, muss aber gegen die Äthiopier Abiyote Abate und Dagne Alemu aus dem Rennstall des niederländischen Topmanagers Jos Hermens im Spurt alles geben. Das Frauenrennen zieht die Zuschauer nicht minder in den Bann und wird ebenfalls erst auf den Schlussmetern entschieden. Streckenrekordlerin Leah Malot gewinnt ihren zweiten Titel in Trier nach 1997. Allerdings muss sie bis auf den Zielstrich zittern, um die ebenfalls zweimalige Siegerin Luminita Zaituc und die durch eine Erkältung gehandicapte Vorjahresgewinnerin Irina Mikitenko auf die Plätze zwei und drei zu verweisen. Die wiederum von Sambatrommlern angeheizte Stimmung kocht. Wenige hundert Meter weiter und ein paar Stunden später zelebriert ein Großteil der Asse gemeinsam mit den Trierern im Anblick der in rotes Licht getauchten Porta Nigra den Jahrtausendwechsel.